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01.04.2020
Der passende Trailer zum Boot
Der Bootstrailer ist meist ein lästiges Übel welches unnötig Geld zu kosten scheint.
Dementsprechend wird bei der Anschaffung hier gern gespart. Warum das keine gute Idee ist und die Auswahl komplexen Sachverhalten unterliegt, denen meist keine Beachtung geschenkt wird, möchte ich hier erklären.
Zunächst ist wichtig, dass der Trailer für das Gewicht des Boots ausreichend dimensioniert ist.
Wenn ich mich auf den Strassen so umsehe, komme ich kaum um die Vermutung umhin, dass die überwiegende Masse der Trailer hoffnungslos unterdimensioniert ist. Im Falle eines Unfalls wird die Versicherung wahrscheinlich aussteigen und es kommt höchstwahrscheinlich zu einer hohen Teilschuld, da ein überladener Trailer gar nicht im Strassenverkehr bewegt werden darf!
Machen wir es also besser und überschlagen mal mit grosszügiger Reserve am Beispiel der SeaQuest - einem Zar 57:
680kg wiegt das nackte Boot. Dazu kommen 238kg für den Motor. Ok, das sind lausige 918kg. Da langt doch ein Trailer mit 1200-1300kg, oder?
Nun, rechnen wir noch mal dazu, was sonst noch alles auf dem Trailer mitfährt:
Anker und 30m Kette: 40kg
Heckanker mit Kette und Seil: 30kg
Tauwerk und Fender: 10kg
Gasgrill: 7kg
Pantrybox mit Besteck, Töpfen und Gewürzen, Kochern und Gasflaschen: 10kg
2 Batterien à 110A zu je 22kg: 44kg
Laufsteg auf dem Trailer: 30kg
Elektrische Trailerwinde mit Batterie im Kasten auf der Deichsel: 30kg
Kleiner Aussenborder: 15kg
Reservekanister mit 20l Treibstoff: 22kg
Duschwassertank, befüllt: 72kg
Tankinhalt des Haupttanks : ca 150kg
Werkzeug und Ersatzteile : 5kg
Kühlschrank, befüllt: 20kg
Trinkwasserreserven: 6kg
Matratzen: 5kg
Motor und Hydrauliköl: 10kg
Bimini 10kg
nautisches Zelt 20kg
Da sind wir ja schon bei 1454 KG!
Dazu kommen aber noch viele Dinge mehr: Bootshaken, Schwimmwesten, Abdeckungen für Sitze und Steuerstand, Schlafdecken, Kissen, ABC-Ausrüstung (Flossen, Schnorchel, Brille), Neoprenanzüge, Verbandskasten, Feldstecher, Beflaggung, Plotter, Kabelbäume, Geber, Jacken, Reservebekleidung, Handtücher, Waschtaschen, Persönliches Gepäck (Rucksäcke), Kameraaustattung, Konservendosen, Powerbank, Sonnencreme in 5 Geschmacksrichtungen und der ganze Kleinkram in den Staufächern….
Insgesamt kann man grosszügig von ca. 1450kg für das voll aufgetakelte Boot ausgehen - dazu kommt dann noch der Trailer mit seinem Eigengewicht. In unserem Fall sind das dann rund 350kg.
So kommen wir dann auf rund 1800kg - wer hätte das eingangs vermutet?
Sicher ist der Tank nicht immer zum Bersten voll und die Dusche ist auch nicht immer befüllt.
Dadurch, dass man aber mit dem Maximum plant hat man aber eine gewisse Reserve und erspart sich das Rechnen vor dem Urlaub. Auch dem Trailer bekommt das besser.
Ein weiteres, spannendes Thema ist die Lagerung des Boots auf dem Trailer.
Hierzu muss man folgendes wissen: Trailer sind nicht steif, ganz im Gegenteil.
Wer schon mal auf einem leeren Trailer herum gesprungen ist weiss, wie flexibel und biegsam der stabilste Rahmen doch sein kann. Hier versteckt sich eine gemeine Eigenschaft welche den meisten Augen verborgen bleibt: Jeder Bootstrailer - und ich meine wirklich ausnahmslos jeden! - biegt sich über die Achse:
Dies bringt den Bootseigner in eine blöde Situation:
Am besten wäre das Boot auf Langauflagen gelagert, aber das ist 1. beim Slippen furchtbar unkomfortabel und nötigt den Skipper 2. u.U. den Trailer mit der Achse ins Wasser zu fahren. Dies gilt es um jeden Preis zu vermeiden. Das Wasser bliebe in den Bremszügen stehen und die als wasserdicht angepriesenen Lager sind nur insofern Wasserdicht, als dass die das Wasser zwar ins Radlager lassen, aber nicht wieder heraus.
Lager die wasserfrei bleiben sollen werden im Betrieb unter Wasser mit Druckluft wasserfrei gehalten. Alles Andere funktioniert nicht, versprochen!
Die Folge sind festgerostete Bremsen und Radlager, mit viel Pech ein Radverlust auf der Autobahn.
Doch zurück zur Lagerung des Boots:
Langauflagen sind zwar gut fürs Boot, jedoch leider auch problematisch.
Die nächste Möglichkeit wäre eine Lagerung auf Rollen. Beliebt sind ja Kielrollen - günstig sind sie dazu.
Spendieren wir unserem Boot doch ganz grosszügig 8 von diesen Kielrollen!
Das müsste doch mehr als ausreichend sein, oder? Rechnen wir mal wieder:
Nehmen wir mal der Einfachheit halber an wir haben ein Boot von “nur” einer Tonne Gewicht.
Jetzt steht das auf 8 Kielrollen. Bedeutet: 1000kg/8= 125kg pro Rolle.
Nicht perfekt eingestellt sind wir schon bei 250kg wenn eine der Rollen nur einen Millimeter zu hoch steht. Beim Fahren / Bodenwellen kommt ein Vielfaches an Belastung auf die Rolle.
Nehmen wir ohne wirklich böse Schlaglöcher nur mal Faktor “3”, sind das 750kg auf einer Rolle!
Jetzt gibt’s da aber noch ein Problem: Die Rollen über der Achse bleiben in Position.
Die anderen Rollen, vor und hinter der Achse geben durch den Rahmen aber nach.
Das Boot steht also bei einer Bodenwelle für den Moment fast allein auf den Mittleren 2-3 Rollen. Das wäre bei einem Boot von einer Tonne bei gut gemeinten 3 Rollen schon allein 1Tonne pro Rolle! (100kg Boot/3Rollenx3(Faktor für Bodenwellen).
Bei einem richtigen Schlagloch drücken dann wahrscheinlich bis zu 2 Tonnen ruckartig auf die Rolle.
Die Folge sind dann Dellen im Kiel, denn das weiche GFK ist einem Druck von 2t auf vielleicht 2-3 Quadratzentimetern nicht gewachsen. Hier spart man also definitiv an der falschen Stelle, zumindest wenn das Boot regelmässig auf dem Trailer bewegt werden soll.
Auch Rollen die am Rumpf anliegen, sollten in Ausreichender Anzahl vorhanden sein.
Damit sich die Rollen nicht in den Bootsrumpf drücken und dort Schäden hinterlassen, sollte man möglichst viele Rollen auf wippen installieren. Letztere garantieren eine gute Gewichtsverteilung unter den Rollen.
So hat der Trailer unserer SeaQuest insgesamt 49 Rollen.
Das Hauptgewicht liegt auf 4 Wippen zu jeweils 8 Rollen wobei jedes Rollenpaar auf einer eigenen Wippe sitzt.
Damit liegen rund 30kg auf jeder Rolle. Bei einem Schlagloch kommt es dank der Wippen nicht zu einer ungleichmässigen Verteilung des Gewichts auf den Rollen. Selbst bei einer Verdreifachung des Andrucks kämen wir auf höchstens 90kg pro Rolle als Spitzenlast.
Die Quertraverse auf der die hinteren grossen Wippen montiert sind ist kippbar und beschert dem Skipper beim Slippen einen extra flachen Winkel. Ins Wasser fahren muss man mit diesem Trailer niemals!
Aber es gibt noch einen weiteren Grund, warum dieser Trailer so gut funktioniert: er ist flach, sogar deutlich flacher als seine Pendants mit Monoachse:
Der flache Rahmen verringert beim Ziehen den Windwiderstand und spart auf langen Strecken (Kroatien hin und zurück macht für uns ca. 3400km) und spart damit nicht nur Treibstoff, sondern verkleinert nochmals den Winkel in dem das Boot ins Wasser gleitet. Trotz der Tandemachse ist der Trailer mit 350kg rund 100kg leichter als die meisten Trailer mit Monoachse und dazu läuft er viel ruhiger, schaukelt deutlich weniger als eine Monoachse und ignoriert Schlaglöcher und Unebenheiten recht lässig.
Ein guter Trailer hat also viele Rollen auf Wippen, wobei er auf Kielrollen gänzlich verzichten sollte, hat einen flachen, gekröpften Rahmen und - wenn das Gewicht es zulässt - eine Tandemachse.
Allerdings gibt es Dinge, die einem die Freude an der Tandemachse verderben können: Das sind zum einen höhere Wartungskosten (sofern man denn überhaupt mal was warten muss - denn wer brav aus dem Wasser bleibt hat auch keinen Ärger), zum anderen aber der Wendekreis.
Wer ein enges Grundstück hat sollte auf einen Tandemachser verzichten. Es wäre müßig, jedes Mal zum Drehen des Anhängers die Deichsel in den Himmel zu kurbeln bis die vordere Achse schwebt.
Im Idealfall kann man das Boot mit dem Auto rangieren; darauf würde ich beim Trailerkauf und dem Bau einer Bootshalle ganz besonderen Wert legen.
Je anstrengender der Ausflug mit dem Boot ist und je mehr Arbeit er macht, desto häufiger bleibt das Boot im Sommer zu Hause. Apropos anstrengende Arbeit:
Wer im Sommer bei angenehmen 33°C schon mal ein 1,5t schweres Boot von Hand auf den Trailer gekurbelt hat will danach sicher nur eins: Eine Abkühlung. Leider steht genau dann aber die Heimreise im überhitzten Auto an. Wieder so eine Sache auf die niemand sonderlich heiss sein dürfte.
Um dem Vorzubeugen und den Bootsausflug statt zur Qual zum Genuss zu machen ist auf meinem Windenbock eine elektrische Winde montiert.
Diese befördert das Boot per Knopfdruck auf der Fernbedienung ganz ohne jede Anstrengung den Trailer herauf oder auch herunter. In der anderen Hand ist dann Platz für ein erfrischendes Kaltgetränk.
In allen Fällen hat sich die Fernbedienung bei Seitenströmung oder starkem Seitenwind als unentbehrlich erweisen, insbesondere wenn ich allein unterwegs war. Wer also ein schweres Boot besitzt sollte über eine solche Anschaffung ersthaft nachdenken.
Überhaupt muss, wie bereits weiter oben erwähnt, alles an Boot und Trailer möglichst leicht und ohne Anstrengung funktionieren, sonst hat man irgendwann am Hobby keinen Spass mehr.
Gerade der Trailer kann - wenn er ungünstig konfiguriert wurde - zum echten Showstopper werden.
Schenkt dem Thema also etwas mehr Beachtung und stattet Eure Trailer gut aus! Es lohnt sich!
Zum Schluss noch 20 Punkte, auf die man beim Gebrauchtkauf achten kann:
- Allgemeine Betriebserlaubnis vorhanden?
- Reifenalter & Zustand
- Kennzeichnung der Bauteile
- Beladener Trailer nicht breiter als 2,55m und nicht höher als 4m?
- Papiere und Nummern am Trailer o.k.
- Ausstattung wie Winde, Rollen usw. o.k. und auch passend
- Allgemeinzustand, Rost
- Beleuchtung funktionstüchtig?
- Trailer hochbocken, schauen ob Rad frei dreht und nicht kippelt (Radlager)
- Handbremse anziehen und prüfen, ob alle Räder blockieren
- Anfahren + Vollbremsung um sehen ob Auflaufbremse funktioniert
- Bremsseile aus Edelstahl?
- Stoßdämpfer der Auflaufeinrichtung arbeitet ohne spür- und hörbares “Klong” beim Auflaufen? Sonst ist die Dämpfungsring der Auflaufeinrichtung ist nicht gebrochen?
- Achse komplett aufbocken (re. + li. drehen die R‰der frei). Handbremse mittels an der Bugstütze angeschlagenem Spanngurt leicht anziehen und Bremswirkung zwischen linkem und rechtem Rad per Hand auf Gleichmäßigkeit prüfen.
- Durch die Kontrollöffnungen am Bremsankerblech die Bremsbelagstärke prüfen.
- Markenwinde (Alko (rot) oder Knott (blau)).
- Angescheuerte Kabel speziell im “Ausziehbereich” der Beleuchtungsträger.
- Bremskeile 2 Stk. (Vorschrift) und deren feste Verankerung am Trailer. Die Rastnasen brechen nach Jahren der Alterung auch gerne mal ab.
- Frage den Verkäufer mal nach seinem Lieblings-Urlaubsrevier. Ein Trailer Trailer ohne Kippeinrichtung, deutet entweder auf Kranen oder versenken hin. Letzteres wäre ein Grund für mich, den Trailer stehen zu lassen.
- Frage den Verkäufer, was er so fürs Kranen bezahlt hat. Dann stellt sich schnell raus, ob der Trailer im Meer versenkt wurde oder nicht.
Frank - 11:28 @ Seemannschaft, Technik | Kommentar hinzufügen
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