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06.04.2020
Die Sache mit dem Anker
Ankern ist eine Frage des Vertrauens!
Kaum verwunderlich, dass so mancher Skipper die Nacht lieber im Hafen verbringt.
Wozu eigentlich ankern? Es gibt doch überall Häfen und Stege!
Das stimmt, aber dennoch gibt es viele Gründe, die für das Liegen vor Anker sprechen oder sogar notwendig machen:
An den schönsten Plätzen in der Naur gibt es keine Stege oder Moorings. Wer schon einmal in einer einsamen Bucht vor Anker genächtigt hat wird nur noch zähneknirschend einen Hafen aufsuchen.
Manchmal ist man gezwungen, einen Sturm in einer leeseitigen Bucht abzuwettern oder vor dem Hafen auf einen Liegeplatz warten.
Bei Maschinenausfall oder Manövrierunfähigkeit muss das Boot unbedingt vor dem Verdriften geschützt werden. Das kann lebensnotwendig sein!
Überdies ist Ankern in der Regel kostenlos und verhilft zu ungeahnter Freiheit.
Anker sind seit jeher das probate Mittel zum fixieren von Booten und Schiffen auf einer, sagen wir mal, einigermassen exakten Position unter normalen Wetterbedingungen.
Wie kann man also für einen möglichst guten Halt des Ankers sorgen?
Zum einen muss das Geschirr tauglich sein, jedoch ist auch dessen sachgerechte Handhabung entscheidend.
Aber alles der Reihe nach! Zunächst zur „Hardware“:
Das Ankergeschirr besteht nicht nur aus dem Anker, sonder auch aus einem Wirbelschäkel, einer Kette und oftmals einer Ankerleine zur Verlängerung der Kette.
Bei der Materialauswahl für Anker und Kette kommt es darauf an, wo das Boot bewegt wird und ob man eine Winde benutzt oder nicht.
Edelstahlanker und -Ketten haben den Vorteil, auch nach Jahren noch glatte Oberflächen aufzuweisen und sorgen für saubere Hände nach der Benutzung.
Da Edelstahl im warmen Salzwasser zu Korrosion und Lochfrass neigt, ist in den Tropen verzinkter Stahl vorzuziehen.
An den Mittelmeerküsten Europas hat man aber mit Edelstahl noch nicht mit Problemen zu rechnen.
Ankerwinden sind nicht unpraktisch, erfordern aber eine regelmäßige Wartung und bringen zusätzliches Gewicht ins Boot.
Üblicherweise muss der Anker zum Fahren zusätzlich gesichert werden, was den Skipper dann doch wieder zum Ankerkasten zwingt.
Der Anker:
Zum Leidwesen eines jeden Skippers gibt es eine Menge von verschiedenen Ankern.
Anker für kleine Boote haben alle eine Gemeinsamkeit:
Sie sollen sich aufgrund ihrer Konstruktion bei horizontalem Zug in den Grund eingraben. Solche Anker nennt man Patentanker.
Sie haben nur wenig Gewicht und sind gut zu verstauen.
Das Eingraben klappt mal mehr oder weniger gut, je nach Ankertyp und Beschaffenheit des Grunds.
Nun wird niemand mehrere Ankertypen mitschleppen wollen.
Die Lösung kann also nur ein Anker sein, der möglichst auf unterschiedlichsten Untergründen halt findet.
Dennoch bleibt dies ein Kompromiss, denn den perfekten Anker gibt es nicht.
Zu den gängigsten Patentankern möchte ich daher meine Erfahrungen teilen:
Der Klappdraggen, Schirmanker oder Faltanker:
Diese Bauform nimmt wenig Platz weg und scheint daher überaus beliebt zu sein.
Leider findet der Faltanker nur auf felsigem Grund guten Halt.
Auf Kies und Sand kann man mit dem Anker leider kaum eine Luftmatratze zum Halten bringen.
Als Zusatzanker ist dieser Typ okay, niemals aber als Hauptanker!
Pflugschar-Anker oder CQR-Anker:
Dieser Ankertyp hat einen Schaft mit Gelenk und gräbt sich tief und zuverlässig in Sandböden ein.
Auch auf felsigen Böden greift dieses Modell recht zuverlässig. Auf verkrautetem Grund oder Kies hat dieser Anker aber so seine Schwierigkeiten.
Bruce-Anker:
Dieser Typ ist dem Pflugscharanker sehr ähnlich, hat aber kein Gelenk im Schaft.
Dadurch bricht dieser Anker gern aus wenn das Boot sich, bedingt durch Wind oder Strömung, dreht.
Im Sand gräbt sich dieser Anker recht gut ein, im groben Kies allerdings versagt er gern mal.
Auf felsigem Grund hält er recht gut, verhakt sich aber gern für alle Zeiten oder verbiegt am Schaft.
Der weltberühmte Segler Wolfgang Hauser hat, wenn ich mich recht entsinne, diesen Anker mal als unzuverlässigsten Ankertyp bezeichnet.
Der Bügelanker oder Rocna:
Hier haben wir es wieder mit einer Variante des Bruce-Ankers zu tun. Funktioniert auf allen Untergründen recht gut.
Danforth- oder Plattenanker:
Hier kommen wir zu meinem persönlichen Favoriten.
Dieser Typ hält auf Sand, im Schlick und in feinem Kies ausgesprochen gut!
Er ist aber auch auf felsigem Grund durchaus brauchbar - kann sich aber verhaken.
Sollte er ausbrechen, findet er oftmals schnell wieder Halt und greift.
Ich selbst habe einen 7,5kg Danforth im Bug und einen kleineren im Heck.
Letzterer begleitet mich nun schon Zeit meines Lebens; er ist sozusagen ein Erbstück.
Das Gewicht des Ankers ist bei Patentankern weniger entscheidend. Eine gute Faustformel ist: Ankergewicht ist ca. Länge des Bootes in Kg + 1Kg.
Der Wirbelschäkel verhindert ein Ver- bzw. Aufdrehen der Kette. Einfache Schäkel tun es in der Regel aber auch.
Die Ankerkette:
Wenn ich Gewichten müsste fiele es mir schwer zu entscheiden, ob die Kette oder der Anker für einen festen Halt entscheidender ist. Fakt ist: Ohne eine Kette - oder alternativ Bleileine - geht gar nichts.
Die Kette sorgt mir ihrem Gewicht dafür, dass der Ankerstock oder Schaft auf dem Grund liegen bleiben und der Anker nur in horizontaler Richtung gezogen wird.
Das ist absolut notwendig, denn Zug von oben liesse den Anker sofort ausbrechen. Mehr dazu später.
Die Stärke der Kette richtet sich nach dem Bootsgewicht und damit auch grob nach dem Anker.
Für einen Anker von bis zu 8kg empfiehlt sich eine 5mm starke Kette, bei 10-15Kg Ankergewicht ist man bei 8mm. Viel schwerer dürfte ein Anker bei einem RHIB in gängiger Grösse eher nicht werden.
Die Ankerleine:
Die Verlängerung der Kette in Form einer Leine ist vor allem auf kleineren Booten zu finden und spart unter Umstanden eine Menge Gewicht.
Ost reichen, gerade bei kleineren Booten, zum Fixieren des Ankers 30m Kette am Grund schon aus.
Bei der Handhabung des Ankergeschirrs gibt es ein paar Dinge zu beachten:
Prinzipiell sollte man mit dem Bug zur See ankern.
Zum Übernachten eigenet sich eine leeseitige Bucht. Das hat den Vorteil, dass kein hoher Seegang in die Bucht
läuft. Sollte sich der Wind aber drehen, steht das Boot mit dem Bug in der Welle - im Notfall ist einfaches
Auslaufen aus der Bucht möglich. Da Wind und Strömung sich jederzeit ändern können ist es notwendig,
dass das Boot schwojen - also sich um den Anker drehen - kann.
Es ist also unbedingt auf eine ausreichende Wassertiefe im Schwojkreis und ausreichend Abstand zu
anderen Booten zu achten!
Beim Ausstecken der Kette ist unbedingt auf eine ausreichende Länge zu achten - denn die Kette sorgt mit ihrem Gewicht dafür, dass der Anker nicht ausbricht.
Es gibt viele Abhandlungen zur richtigen Kettenlänge, viele davon sind kompliziert und beinhalten komplexe Formeln
welche Winddruck, Seegang, Bootsgewicht, Wassertiefe, Kettengewicht, Straffung der Kette und einige weitere Faktoren berücksichtigen.
Das alles ist aber wenig praktikabel. Wer ruhig schlafen will macht sich keine Gedanken darüber, welche Kettenlänge wohl noch ausreichend ist.
Bezogen auf ein Sportboot ist meine Empfehlung für eine ruhige Nacht daher:
Wenn möglich das Maximum an Kette ausstecken und keinesfalls kurzstag liegen!
Eine lang ausgesteckte Kette dämpft die Bewegungen des Bootes und wirkt einem Einrucken entgegen.
In Tiedengebieten ist darauf zu achten, dass auch bei Flut noch ausreichend Kette auf dem Grund liegt.
Zur Sicherheit kann durchaus noch ein Heckanker mit Kette gesetzt werden, was den Schwojkreis möglicherweise limitiert.
Für mich persönlich ist ein Heckanker obligatorisch!
Dementsprechend kann das Boot bei veränderter Wetterlage eine grössere Windangriffsfläche bieten.
In Landnähe kann eine Landleine ausgebracht werden, was allerdings einen erhöhten Aufwand darstellt.
Auch sollen schon Ratten so ihren Weg auf Boote gefunden haben.
Auch hier kann das Boot mehr Angriffsfläche für Wind oder Wellen bieten, da es nicht frei schwojen kann.
Dies kann in engeren oder stark frequentierten Buchten nützlich sein, insbesondere wenn ohnehin ein Landgang ansteht!
Ich persönlich bevorzuge einen gesunden Abstand (ausserhalb der Brandungszone) zum Land - zum einen hält dies ungebetene Gäste
auf Distanz und zum anderen hat ein losgebrochener Anker die Chance, sich erneut einzugraben.
Auch verschafft dieser räumliche Puffer dem Skipper wertvolle Zeit.
Wer unsicher ist, kann im Plotter den Ankeralarm aktivieren, also einen virtuellen Kreis um die Position des
Boots erstellen dessen Verlassen in einem Alarm resultiert.
Das Ausbringen des Ankers beginnt dort, wo später der Anker liegen soll und erfolgt in langsamer Rückwärtsfahrt.
Ist genügend Kette ausgestreckt, wird der Anker mittels Maschinenkraft vorsichtig in den Boden gegraben.
Hierbei kann der Halt des Ankers direkt überprüft werden.
Zum Aufholen des Ankers wird das Boot kurzstag genommen, also zum Anker gezogen.
Im Regelfall bricht der Anker spätestens los, wenn er unter dem Bug liegt.
Falls sich der Anker nicht lösen sollte, kann man ihn „überfahren“.
Das sollte allerdings mit äusserster Vorsicht geschehen, da die Kette schnell am Rumpf scheuert.
Besser ist es, das Manöver zu wiederholen oder aus einer anderen Richtung zu ziehen.
Ist der Ankergrund felsig oder unklar, kann am Ankerkopf eine Trippleine mit einer Boje angebracht werden.
Mithilfe dieser Leine kann man den Anker rückwärts herausziehen.
Hilft alles nichts, muss entweder getaucht werden oder man gibt den Anker vorläufig auf.
In diesem Fall empfiehlt es sich, die genaue Position des Ankers zu speichern und später zur Bergung zurückzukehren.
Es dauert eine Weile bis man ein Gefühl für die Distanz von Anker zu Boot in Abhängigkeit von Wassertiefe und Kettenlänge erwirbt.
Wer die benötigte Länge nicht gut einschätzen kann, sollte Folgendes mal ausprobieren:
Den Anker in einer Sandbucht ausbringen und das Boot im Standgas rückwärts laufen lassen bis die Kette komplett ausgesteckt ist und man die Ankerleine in der Hand hat.
Oftmals lässt sich ein Boot - auch wenn der Anker sich bereits eingegraben hat - mit der Hand noch gut halten.
Selbst die SeaQuest mit 150PS halte ich im Standgas noch mit moderatem Kraftaufwand und ziehe sie bei Bedarf auch gegen den rückwärts gerichteten Schub des Motors wieder nach vorne.
Dies kann nützlich sein, wenn man allein unterwegs ist und römisch-katholisch mit dem Buganker anlegen muss.
Dabei wird das zuvor erprobte Procedere mit gerade gestelltem Ruder durchgeführt bis das Boot nur noch ein Stück von der Kaimauer entfernt ist.
Die Ankerleine wird fixiert, dann werden die Heckleinen in gewünschter Länge am Kai befestigt.
Erst jetzt wird die Maschine gestoppt. Dies hat einige Vorteile: Man kann alles allein und ganz in Ruhe nacheinander abarbeiten.
Die gesamte Kette wird ausgesteckt, der Anker kann also sicherer kaum ausgebracht werden.
Das Boot lässt sich somit entspannt zum Ein-und Aussteigen an die Kaimauer bringen. Hier unbedingt prüfen,
ob das Boot ganz an die Kaimauer gezogen werden und diese somit berühren kann. Falls das der Fall ist - Bugleine kürzen!
Auch das Ablegen kann der Skipper entspannt allein durchführen: Maschine starten,
aber keinen Gang einlegen; Heckleine(n) lösen, Anker einholen während sich das Boot zum Anker hin bewegt.
Ich nutze diese Methode häufig allein, aber auch wenn ein Rudergänger verfügbar ist.
Häufiges Ankern schafft Handlungssicherheit und vor allem: Vertrauen ins Ankergeschirr und das eigene Handeln!
Mir persönlich ist übrigens noch nie ein Anker ausgebrochen oder verloren gegangen.
Frank - 12:38 @ Seemannschaft | Kommentar hinzufügen
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