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13.11.2019
Helgoland - jetzt oder nie!
Freitag 20.07.2018
Es ist 22:00 Uhr, wir sitzen bei einem Glas Wein im Garten und genießen den lauen Sommerabend.
Am Dienstag werde ich meinen neuen Job beginnen. Einerseits freue ich mich darüber, andererseits hatte ich es genossen, immer dann mit der SeaQuest raus zu fahren, wenn Wetter und Gezeiten gerade passen. Und auf Helgoland waren wir dieses Jahr auch noch nicht. Dabei hatten wir es uns fest vorgenommen.
Nach dem dritten Glas Wein kommt uns der Gedanke: wenn nicht jetzt, dann nie! Hektisch und mitten in der Nacht checken wir die Vorhersagen für Wind, Wetter und Gezeiten. Die SeaQuest ist zum Glück im Sommer immer grundausgestattet, sodass nur noch ein paar Klamotten und das bisschen an Verpflegung fehlt, was der Kühlschrank gerade eben so hergibt.
Samstag 21.07.2018
Der Wecker klingelt um 7:00 Uhr. Genau das was man sich an einem Samstagmorgen wünscht! Da das erste Hochwasser heute schon um 08:35 Uhr ist, müssen wir uns beeilen. Unser “Heimathafen” fällt über die Ebbe trocken, sodass wir nur ein kurzes Zeitfenster zum Slippen haben.
Um 10:30 Uhr sind wir auf dem Wasser. Noch immer nicht ganz wach aber der Anblick entschädigt für alles. Das Wasser ist spiegelglatt.
Die Hallig Südfall zeigt sich in der klaren Luft sehr deutlich und selbst die entfernte Insel Pellworm kann ich schon sehr früh zu erkennen. Vorbei an den Seehundsbänken, ein kurzer Blick auf den Leuchtturm Westerhever und schon nähern wir uns dem Ende des Heverstroms.
Für wenige Minuten sind bei dem Blick übers Heck noch schemenhaft die Umrisse von St.Peter-Ording und Süderoogsand zu erkennen. Dann ist plötzlich alles verschwunden. Ein Moment indem mir leicht mulmig wird. Trotz des Wissens, dass die SeaQuest hochseetauglich ist fühlt es sich doch schon seltsam an, plötzlich so wirklich auf hoher See und ohne Land in Sicht zu sein.
Ich stelle fest, dass ich ohne technische Unterstützung an Bord hoffnungslos verloren wäre. Die Navigation ist gar nicht mehr so einfach wenn man keinerlei Orientierungspunkte hat. Zum Glück ist Frank in dieser Sache etwas geübter als ich.
Wir genießen die Einsamkeit fernab jeglicher Zivilisation und inmitten dieser wundervollen Stille. Es dauert knapp eine Stunde bis Land in Sicht ist.
Helgoland ist nahezu eingezäunt von einem riesigen Naturschutzgebiet durch das es nur zwei erlaubte Durchfahrten gibt; eine aus Norden und eine aus Süden kommend. Da wir uns aus östlicher Richtung auf die Insel zu bewegen bedeutet das für uns, dass wir einen recht langen Umweg in Kauf nehmen müssen um in das südliche Fahrwasser zu gelangen. Wem der Schutz der Seehunde als nicht all zu wichtig erscheint, dem sei noch gesagt, dass hier ebenfalls einige Seeminen aus dem zweiten Weltkrieg liegen. Es ist also tatsächlich ratsam, sich an die vorgegebenen Wege zu halten.
Gegen 13:00 Uhr vertäuen wir die SeaQuest an unserem Liegeplatz im Nordosthafen. Der Sportboothafen ist der kleinere von zwei Häfen auf der Insel. In den Liegegebühren sind Duschen (warm, keine extra Kosten), Toiletten und WLAN (mit sehr geringer Reichweite) inklusive. Außerdem gibt es einen kleinen Grillplatz des Vereins der nach Absprache genutzt werden darf sowie eine “Minibar” im Büro des Hafenkapitäns mit absolut fairen Preisen.
Wir machen uns erst einmal auf den Weg, die Insel zu erkunden. Zuletzt war ich vor gut 20 Jahren zusammen mit meinen Eltern hier.
Da sich die meisten Touristen auf dem südlichen Teil der Insel aufhalten machen wir uns auf den Weg zum Nordstrand. Von hier aus führt eine Treppe zum Oberland: der Jägerstieg.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich diese Treppe als Kind gehasst habe. Nun ja – nach der Hälfte der 256 Stufen wird mir klar, dass ich es noch immer tue! Nichts desto trotz ist es der schönste Weg den man wählen kann. Oben angekommen stehen wir nach wenigen Metern am Klippenrand mit Blick auf die “Lange Anna”. Das 47 Meter hohe Wahrzeichen der Insel gehört einfach zu einem Rundgang dazu. Weiter geht es an den Lummenfelsen vorbei zum Leuchtturm und anschließend runter zum Südhafen.
Helgoland gilt als Shopping-Paradies. Die Insel unterliegt dem Steuerrecht der EU nicht, daher werden Waren nicht nur Zollfrei, sondern auch Mehrwertsteuerfrei angeboten. Wir stöbern ein bisschen durch die Läden und werden dabei von einem der Verkäufer auf ein Abendevent auf der benachbarten Düne aufmerksam gemacht.
Es ist schon 17:00 Uhr und uns fällt ein, dass wir den ganzen Tag noch gar nichts gegessen haben. Zurück in unserem Hafen baut Frank den Grill an Bord auf und kümmert sich um das Abendessen während ich das Zelt und die Betten für die Nacht aufbaue.
Um 20:00 Uhr steigen wir auf die Fähre rüber zur Düne. Leider ist es nicht erlaubt, die Düne mit eigenem Boot anzusteuern, weshalb wir auf die 10 Minütige Überfahrt per Fähre zurückgreifen müssen. Bei 5,- Euro pro Person (Hin- und Rückfahrt) ist das nicht ganz so schlimm. Die Nebeninsel gehörte ursprünglich mal zu Helgoland, wurde aber bei der Neujahrsflut 1721 von der Insel abgetrennt.
Auf der Düne gibt es einen kleinen Sportflugplatz, ein paar Ferienhäuser, den “Friedhof der Namenlosen” und das Dünenrestaurant. Außerdem ist sie das Zuhause unzähliger Seehunde und Kegelrobben.
Im Dünenrestaurant findet heute Abend eine Beachparty statt. Bier, Grill und Live Musik!
Schon auf dem Weg zum Dünenrestaurant stolpern wir fast über die ersten Seehunde.
Die Meeressäuger liegen wie selbstverständlich am Strand. Von den vorbei laufenden Menschen lassen sie sich wenig beeindrucken. Hier sei gesagt, dass es sich trotz aller Niedlichkeit um gefährliche Raubtiere handelt. Ein gewisser Abstand ist also zu empfehlen. Frei nach dem Motto “tust Du mir nichts, tu’ ich Dir nichts” teilen sich hier Mensch und Tier den Strand ohne irgendwelche Absperrungen dazwischen.
Die Beachparty ist genau nach unserem Geschmack. Wir ergattern ein kleines Tischchen draußen im Sand. Von drinnen ist die Live-Musik auch hier draußen noch gut zu hören und das Essen vom Grill schmeckt fantastisch. Ein Abend wie er gemütlicher nicht hätte sein können.
Leider müssen wir schon bald wieder aufbrechen; um 24:00 Uhr geht die letzte Fähre zurück zur Hauptinsel. Bei aktuell 20°C würden wir gerne noch länger hier sitzen bleiben.
Sonntag 22.07.2018
Der Nachteil eines Wochenendausfluges ist, dass es schon nach zwei Tagen vorbei ist. Wir müssen heute um spätestens 15:30 Uhr losfahren, damit wir noch im Hellen und bei ausreichender Flut in Tetenbüllspieker ankommen. Ich gehe erst einmal zum Bäcker und besorge Brötchen und Kaffee. Theoretisch ist ja Kaffee an Bord, jedoch habe ich wohl zu Hause die Dose nicht richtig verschlossen, sodass sich dieser in der gesamten Pantry verteilt hat.
Nach dem Frühstück gehen wir erst mal einkaufen.
In Reihenfolge all die Läden abklappern, die wir uns gestern vorgemerkt haben. Rein rechnerisch haben wir am Ende so viel Geld gespart, dass wir die Spritkosten für die SeaQuest wieder raus haben. Man könnte also sagen, die Fahrt nach Helgoland war gratis.
Da der Kühlschrank zu Hause spontan nicht mehr allzu viel Proviant zu bieten hatte, gehen wir Mittagessen. Wir möchten beide ungern jetzt schon von hier weg. Es ist erst der zweite Tag, fühlt sich jedoch an wie eine ganze Woche Urlaub.
Helgoland ist unter Wassersportlern sehr beliebt und gerade in den Sommermonaten sind die Häfen so stark ausgebucht, dass der Hafenmeister empfiehlt, ein Jahr im Voraus zu buchen. Wir rechnen uns keine allzu großen Chancen aus, dass wir noch eine Nacht bleiben dürfen.
Frank will es trotzdem versuchen und geht ins Büro des Hafenmeisters. Mit dem Ergebnis dass wir tatsächlich noch bleiben dürfen.
“Das kleine Ding kriegen wir immer irgendwo unter”. Ich bin ein bisschen beleidigt (so klein ist die SeaQuest gar nicht!), weiß aber auch, dass es besser ist, das in diesem Moment nicht klarstellen zu wollen.
Den restlichen Nachmittag verbringen wir fast ausschließlich auf dem Boot. Wir liegen in der Sonne, lesen, hören Musik oder beobachten vorbeilaufende Leute und genießen einfach unseren Urlaub.
Zwischen 17:00 und 18:00 Uhr verlassen die großen Touristen-Schiffe die Insel. Ab jetzt wird es
herrlich still auf Helgoland. Mir wird bewusst, dass man diese Insel erst am späten Abend oder am frühen Morgen wirklich genießen kann. Dann ist hier alles so schön still und friedlich.
Diese Ruhe zieht uns doch nochmal in die Natur. Unser Ziel ist der Nordstrand.
Parallel zur Kurpromenade verläuft ein versteckter kleiner Holzpfad.
Plötzlich stehen wir inmitten von weißem Sand und saftig grünen Pflanzen. Es riecht so unglaublich frisch nach Meer und Natur. Ich bin beeindruckt von dem was die Natur uns bietet.
Den Sonnenuntergang sehen wir uns am Nordstrand an. Geografisch gesehen nicht unbedingt der beste Ort für Sonnenuntergänge.. Eigentlich wollten wir auch auf’s Oberland aber die Treppen haben uns dann doch abgeschreckt. Insgesamt zeigt mein Handy nach diesem Wochenende 22,35 km Strecke und 61 Stockwerke. Hier unten am Strand ist es auch ganz schön.
Und morgen geht es schon zurück nach Hause.
Montag 23.07.2018
Ich werde von den ersten Sonnenstrahlen geweckt und beschließe, die wenigen Stunden, die ich auf dieser traumhaften Insel noch habe, zu nutzen.
Schnell Zähne geputzt und dann gehe ich joggen. Joggen ist etwas das ich normalerweise für ziemlich absurd halte. Aber im Urlaub ist eben alles anders. Die frische Luft tut unglaublich gut. Es ist keine Menschenseele anzutreffen und kein Geräusch außer dem der Möwen zu hören. Es fühlt sich an, als wäre die Insel menschenleer. So ruhig. So entspannend.
Auf dem Rückweg besorge ich noch schnell zwei Kaffee und wecke dann Frank. Es wird Zeit, nach Hause zu fahren. Um 09:30 Uhr ist Abfahrt.
Die Rückfahrt gestaltet sich noch ruhiger als die Hinfahrt am Samstag. Wir haben optimale Bedingungen – mit der Strömung bei spiegelglattem Wasser. Bei ganz ruhiger See kann man in der Nordsee und auch im Heverstrom manchmal Schweinswale entdecken. Anders als Delfine kommen diese leider immer nur ganz kurz an die Oberfläche und sind schneller wieder verschwunden als dass sie aufgetaucht sind. Also sitze ich die ganze Fahrt ganz aufmerksam am Bug der SeaQuest und halte Ausschau.
Gegen 12:00 Uhr laufen wir in den Hafen in Tetenbüllspieker ein. Mittlerweile sind wir beim Slippen ein eingespieltes Team, jeder Handgriff sitzt. Bereits 15 Minuten später haben wir die SeaQuest aus dem Wasser geholt und reiserfertig gemacht.
Wir gönnen uns noch ein letztes Bier auf dem Deich. Die Mittagssonne strahlt uns ins Gesicht.
Nicky
Frank - 17:56 @ Reisen | Kommentar hinzufügen
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